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Freitag, 23.11.2018


18:00

REEL INJUN - HOLLYWOOD-INDIANER

von Neil Diamond

Dokumentarfilm, Kanada, 85min, OmdU, 2009

Moderation: Stefanie Land-Hilbert


Auf den Kinoleinwänden und Fernsehbildschirmen kämpfen blutrünstige Indianer gegen draufgängerische Cowboys, edle Wilde behaupten sich heroisch gegen Siedler, mit Häuptlingen werden Friedenspfeifen geraucht und die Herzen von Indianerprinzessinen von weißen Männern erobert. Solche Stereotype bestimmen das Bild von Native Americans in der über hundertjährigen Filmgeschichte Hollywoods. In Deutschland fügen sie sich in das Indianerbild der Karl-May-Romane und Winnetou-Filme ein, aus denen sich wiederum das amerikanische Kino bediente.

Der Regisseur Neil Diamond zeichnet in seiner Langfilm-Dokumentation REEL INJUN die Geschichte des Hollywood-Indianers nach und hinterfragt die Klischees, die sie erschaffen. 


Er begibt sich auf einen Roadtrip zu bedeutenden Orten der nordamerikanisch-indigenen Geschichte und bereist Kulissen der Hollywood-Western-Klassiker. Dabei trifft er Akteurinnen und Akteure, die den „Indianerfilm“ in den letzten Jahrzehnten geprägt oder kritisch begleitet haben, sowie indigene Filmschaffende, die ein selbstbestimmtes indigenes Kino dagegenhalten und damit die „Renaissance of Native cinema“ einleiten.


Diamonds Reise führt ihn u.a. in die abgelegene Stadt Igloolik, wo er den Inuit-Regisseur Zacharias Kunuk besucht, dessen Film ATANARJUAT ebenfalls auf den Tagen des indigenen Films gezeigt wird. Zu den Interviewten gehören auch die Bürgerrechtlerin und Schauspielerin Sacheen Littlefather, der italoamerikanische Schauspieler Iron Eyes Cody, der sich in der Rolle eines Native American eine neue Identität gab, und die weißen Filmemacher Jim Jarmusch und Clint Eastwood, die über ihren Umgang mit den Erwartungen Hollywoods an „Indianerfilme“ berichten.

Mit Ausschnitten aus 100 Kino- und Fernsehfilmen wird die Filmgeschichte von der Ära des Stummfilms bis zur Gegenwart in knapp neunzig Minuten aus einer ungewohnten Perspektive neu erzählt. Die Anekdoten der Beteiligten, die oft bitter und lustig zugleich sind, machen REEL INJUN zu einer gleichermaßen lehrreichen und unterhaltsamen Dokumentation. 


Der kanadische Filmemacher Neil Diamond ist Angehöriger der Cree, eine der größten indigenen Gruppen Nordamerikas. Er erzählte, dass er als Kind mit seinen FreundInnen unter dem Eindruck von Westernfilmen selbst Cowboy und Indianer spielte und sie dabei trotz ihrer indigenen Identität den von Hollywood geprägten Bilder nacheiferten. Da er auch später immer wieder mit den Indianervorstellungen Hollywoods konfrontiert wurde, beschloss er sie filmisch aufzuarbeiten.

REEL INJUN feierte 2009 auf dem Toronto International Film Festival seine Prämiere und lief unter anderem im kanadischen Fernsehen und im Museum of Modern Art in New York.


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Samstag, 24.11.2018


18:00

COMING OF AGE

von Teboho Edkins

Dokumentarfilm, Südafrika/Deutschland/Lesotho, 63min, OmeU, 2015

Moderation: Enoka Ayemba


Der Dokumentarfilm COMING OF AGE begleitet vier Jugendliche aus dem abgelegenen Bergdorf Ha Sekake im Königkreich Lesotho für zwei Jahre beim Erwachsenwerden.


Nach dem Abschluss der Dorfschule muss sich Lefa entscheiden, ob sie das Dorf verlässt, um anderswo die Chance auf eine höhere Schulausbildung zu haben. Ihre Freundin Senate hat die Entscheidung bereits getroffen, was Lefas Welt ins Wanken bringt. Der 15-jährige Retabile geht jedes Jahr zusammen mit seinem jüngeren Bruder Mosaku für acht Monate in die Berge, um die Schafherde seiner Familie durch den Winter zu bringen. Er trägt damit die Verantwortung für den Familienbesitz. Dieses Mal wird er in einem Initiationsritual in die Welt der Erwachsenen eingeführt.

COMING OF AGE ist ein ruhiger Film, der die Jugendlichen zurückhaltend begleitet. Es passieren keine spektakulären Ereignisse, doch für die Jugendlichen geht es um viel. Sie müssen früh Entscheidungen treffen, die ihr ganzes Leben prägen werden. Die Bindungen zur Familie und zu den Freundinnen und Freunden stehen auf dem Spiel.


Der Film zeigt auf sensible Weise, was es bedeutet ein vermeintlich "einfaches Leben“ zu führen. Die Arbeitsweise des Filmemachers Teboho Edkins lässt den Vorstellungen, Wünschen und Sorgen der ProtagonistInnen viel Platz. So wird in etwas mehr als einer Stunde Dokumentation der Blick der Jugendlichen auf ihr eigenes Leben erfahrbar, ohne dass die cinematografische Konstellation distanzlos und damit übergriffig wird.


Alltag ist auch dort, wo vermeintlich wenig passiert, komplex und wirkt mitunter magisch. Die ZuschauerInnen werden dazu eingeladen, dass dörfliche Leben in der Peripherie neu zu fassen. Die szenischen Bilder geben wundervolle Eindrücke von einer recht unbekannten Region - dem durch Gebirge und Hochebenen geprägten südafrikanischen Lesotho. Das Königreich ist in etwa so groß wie Belgien und komplett vom wohlhabenderen Südafrika umschlossen. Ein Großteil der ethnisch homogenen Bevölkerung lebt in Bergdörfern – in eines von ihnen gibt COMING OF AGE Einblicke.


Der Regisseur ist selbst überwiegend in Lesotho aufgewachsen. Seine Film-Ausbildung führte ihn nach Südafrika, Frankreich und Deutschland. Er lebt heute in Berlin. 2015 machte COMING OF AGE auf der Berlinale auf sich aufmerksam. Zudem wurde er als Bester Film auf dem Trento Film Festival ausgezeichnet.



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Samstag, 24.11.2018


20:00

ARLIT - EIN ZWEITES PARIS 

von Idrissou Mora Kpai

Dokumentarfilm, Benin/Frankreich, 78min, OmdU, 2005

Moderation: Enoka Ayemba


Die Stadt Arlit im Norden des westafrikanischen Landes Niger galt einst als zweites Paris: Gut verdienende ArbeiterInnen, ein betriebsamer Flughafen und ein reges Nachtleben am Rand der Sahara. Heute, 50 Jahre nachdem französische Firmen eine Uranmine erschlossen und unmittelbar neben ihr eine stets wachsende Arbeitersiedlung aus dem Boden stampften, sind viele ihrer BewohnerInnen mit Krankheit, Armut und Perspektivlosigkeit konfrontiert. Zugleich ist Arlit für afrikanische MigrantInnen zum Ausgangspunkt zur Sahara-Durchquerung auf dem Weg nach Europa geworden.


Der beninische Filmemacher Idrissou Mora Kpai begleitet den alten Issa in seine ehemalige Heimatstadt. Issa erkennt sein früheres zu Hause kaum wieder, doch für seinen Sohn ist das neue Arlit zur Heimat geworden. Verschiedene BewohnerInnen erzählen, was sie in die Stadt trieb und wie diese zu dem wurde, was sie heute ist. Sie berichten von der Zeit, als sie in den Minen gutes Geld verdienten - ohne zu ahnen, wie gesundheitsgefährdend ihre Arbeit mit dem radioaktiven Rohstoff war. Nach dem Verfall des Uranpreises und Aufständen der einheimischen Tuareg in den 1980er Jahren war die wirtschaftliche Blütezeit Arlits vorbei und viele verloren ihre Stellen. Doch kontaminierte Erde umgibt die Stadt bis heute und macht viele ihre BewohnerInnen krank. Radioaktives Metall wird vom Atomkonzern als Baumaterial verschenkt. Bis heute erklären die Ärzte im vom Urankonzern finanzierten Krankenhaus, die vielen Krebserkrankungen und Todesfälle stünden nicht mit den Uranminen in Zusammenhang.

Zugleich ist die Stadt heute voller Menschen, die getragen sind von der Hoffnung, eines Tages in Europa ein besseres Leben zu beginnen. Schmuggler erzählen offen von ihrem Geschäft, MigrantInnen von den Behörden unbemerkt nach Algerien zu bringen. Reisende auf dem Weg nach Norden, die in der Sahara aufgegriffen werden, müssen nach Arlit zurückkehren. Doch Mora Kpai trifft auch auf innerafrikanische MigrantInnen, die in Arlit bleiben wollen, wenn sich ihnen dort eine wirtschaftliche Perspektive bietet.

Idrissou Mora Kpail lässt die StadtbewohnerInnen selbst sprechen und verzichtet auf erklärende Kommentare. Lange Kamerafahrten geben einen Eindruck von dem Ausmaß des Uranabbaus und einer in Europa weitgehend unbekannten Stadt, die durch die im Film angesprochenen Themen Ressourcenausbeutung, Umweltzerstörung und Migrationsbewegungen in Richtung Norden mit Europa verbunden ist - heute vielleicht noch mehr als zu Zeiten der Dreharbeiten.

Vor der Filmpremiere 2005 lag Arlit wirtschaftlich am Boden. Der Uranabbau wurde stark gedrosselt und niemand wusste, ob die Mine nicht bald ganz stillgelegt werden würde.

2010 entführte Al-Quaida Mitarbeiter des französischen Atomkonzerns AREVA. Unter Einfluss der französischen Regierung schloss AREVA 2014 mit der Regierung des Niger einen neuen Vertrag zum weiteren Uranabbau ab, wodurch sich der Staat 100 Mio. Euro Steuermehreinnahmen sicherte.

Regisseur Idrissou Mora-Kpai, aufgewachsen in Benin, lebte in Algerien, Italien und Deutschland bevor er in Frankreich seine eigene Produktionsfirma gründete, mit der er ARLIT produzierte. ARLIT wurde unter anderem auf den Filmfestivals in Rouen (Frankreich), Tarifa (Spanien) und Ouidah (Benin) als beste Dokumentation ausgezeichnet.


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Samstag, den 24.11.2018


22:00 Uhr

SUMÈ - THE SOUND OF A REVOLUTION

von Inuk Silis Høegh

Dokumentarfilm, Grönland/Dänemark/Norwegen, 73min, OmdU, 2014

Moderation: Christin Gustke



Obwohl im Jahr 1953 die jahrhundertelange dänische Kolonialherrschaft in Grönland offiziell endete, bestimmte auch noch in den nächsten Jahrzehnten Dänemark maßgeblich die dortige Politik und den Alltag der GrönländerInnen. Doch dagegen formierte sich Widerstand. Die Protestbewegung der 1970er Jahre erreichte auch Grönland und fand dort durch die Band Sumé ihren musikalischen Ausdruck. Sumé wagte es 1973 als erste grönländische Band in ihrer Muttersprache Kalaallisut statt auf Dänisch zu singen. Sie forderte in ihren Texten die Unabhängigkeit vom dänischen Königreich und rief die Bevölkerung zur Rückbesinnung auf die indigene Identität auf. Nach kurzer Zeit besaß ein Fünftel der rund 50.000 GrönländerInnen ihr Debüt-Album. Ihre Stücke veränderten die grönländische Sprache, in die sie Worte für „Unterdrückung“ und „Revolution“ einführte.


Die Band existierte drei Jahre lang, innerhalb derer sie drei Alben veröffentlichte. Sie tourte durch entlegene Orte ihres Landes, durch Skandinavien und kam sogar bis nach Ost-Berlin. Trotz ihres kurzen Bestehens gilt die Band noch heute als Pionier des Greenlandic Rock und als Symbol der grönländischen Forderung nach Eigenständigkeit. Nachdem sich die Band aufgelöst hatte, brach der entfachte Protest nicht ab und es wurde erreicht, dass Ende der 1970er Jahre ein Autonomiegesetz in Kraft trat, welches Grönland innenpolitische Selbstverwaltung zusagte. Mitte der 1980er Jahre erwirkten die GrönländerInnen die Souveränität über ihre Gewässer und Bodenschätze.


Der Regisseur Inuk Silis Høegh arbeitet, neben der Filmkunst, auch bildender Künstler und beschäftigt sich seit zwei Jahrzehnten in seinen Werken mit der grönländischen Identität. Er wuchs mit der Musik von Sumé auf und seine Eltern erzählten ihm über deren revolutionäres Wirken. Durch die Montage von historischem Archivmaterial und aktuellen Interviews der AkteurInnen und Fans gelang ihm mit SUMÉ der erste international anerkannte Dokumentar-Langfilm aus Grönland.


Der Film spricht an, dass Grönland in letzter Zeit vor allem dafür mediale Aufmerksamkeit erhält, dass die Folgen des Klimawandels dort schon jetzt deutlich spürbar sind. Weniger bekannt ist, dass die Unabhängigkeit Grönlands bis heute nicht vollständig erreicht ist – denn es gilt offiziell noch immer als Bestandteil des Königreichs Dänemark. Da die aktuelle Regierung die vollständige Unabhängigkeit bis 2021 anstrebt, ist SUMÉ - THE SOUND OF A REVOLUTION, der 2014 erschien und innerhalb eines Monats von jeder fünften Grönländerin und jedem fünften Grönländer gesehen wurde, ein Statement zur politischen Zukunft des Landes.

Der Film wird in grönländischer und dänischer Originalsprache mit deutschen Untertiteln gezeigt.


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